Alibabas Einstieg in den Markt für smarte KI-Brillen markiert einen klaren Strategiewechsel. Mit den Quark-AI-Glasses bringt der chinesische E-Commerce-Riese erstmals eigene Smart Glasses in den Handel. Die beiden neuen Brillen-Modelle sind eng mit der hauseigenen Sprachmodell-Familie Qwen und dem Quark-Ökosystem verbunden und richten sich vornehmlich an Endkunden. Sie wurden jedoch so positioniert, dass sie auch Handelspartnern und Optikern künftig ein neues Segment alltagstauglicher Wearables eröffnen könnten.

Alibaba: Zwei Modellreihen zwischen AR-Display und Audiobrille
Alibaba führt zunächst zwei Varianten ein, die für verschiedene Nutzungsszenarien ausgelegt sind. Die Quark S1 ist die technisch umfangreichere Version und nutzt transparente Micro-OLED-Displays, die Informationen direkt ins Sichtfeld projizieren. Sie wird in China ab 3.799 Yuan (umgerechnet ca. 460 Euro) angeboten. Die Quark G1 verzichtet auf ein Display und funktioniert als Audiobrille mit KI-Assistenz. Der Einstiegspreis liegt bei 1.899 Yuan (umgerechnet ca. 230 Euro). Beide Modelle lassen sich per Sprachbefehl oder über Sensorelemente am Brillenbügel steuern.
Quark S1 & G1: Funktionen zwischen Alltagseinsatz und datenintensiver Nutzung
Im Mittelpunkt steht die Einbindung von Alibabas großem Sprachmodell “Qwen”, das Übersetzungen, Inhaltszusammenfassungen und Interaktionsfunktionen ermöglicht. Die Geräte unterstützen Telefonate, Musik und Navigation; zusätzliche Dienste wie Notizerstellung, kontextbezogene Produktinformationen oder Visual Search (= eine Technologie, die es ermöglicht, eine Suche im Internet mithilfe eines Bildes anstelle von Text durchzuführen) sind über die Quark-App angebunden. Je nach Datenverbindung und Nutzungshäufigkeit wird ein nahtloser Wechsel zwischen On-Device-Modellen und Cloud-Rechenleistung realisiert.
Für Anwendungen im Arbeitsalltag bieten die Brillen unter anderem Transkriptionsfunktionen, mit denen Gespräche oder Meetings in Textform übertragen werden können. Hinzu kommen Sprachübersetzungen und Assistenzhinweise, die im Display der S1 eingeblendet oder bei der G1 akustisch ausgegeben werden. Im Einzelhandel ermöglicht die Visual-Search-Funktion Preisvergleiche und Produkterkennung, während Dienste wie Alipay, Taobao oder Amap direkt eingebunden sind; das Gerät fungiert damit als Schnittstelle für Navigation, Einkäufe und Serviceangebote innerhalb des Alibaba-Ökosystems.
Konkurrenzkampf: Ein sich verdichtender Wettbewerb im Markt für Smart Glasses
Im chinesischen Markt ist diese Verknüpfung ein zentrales Verkaufsargument. Für internationale Märkte stellt sie hingegen eine Herausforderung dar, da viele Dienste außerhalb Chinas nur begrenzt verfügbar sind. Alibaba kündigte dennoch an, internationale Versionen nachzureichen und diese unter anderem über das international agierende Tochterunternehmen AliExpress zu vertreiben. Mit der Markteinführung der Quark-Modelle verschärft sich der Wettbewerb um alltagstaugliche KI-Brillen.
Neben Meta, das mit seinen Ray-Ban-Modellen vor allem Social-Media- und Kamera-Funktionen hervorhebt, treten in China vor allem Xiaomi und mehrere Start-ups mit eigenen Lösungen auf. IDC-Daten zufolge wächst das Marktvolumen im Bereich der Smart Glasses mit Displayfunktionen zweistellig. Allein in China wurden innerhalb eines Jahres rund zwei Millionen Einheiten ausgeliefert.
Die im Vergleich zu anderen Wettbewerbern kostengünstigen S1- und G1-Modelle von Alibaba unterstreichen eine Tendenz: der Druck auf den Markt ist hoch – wer gute Technologie zu günstigen Preisen liefern kann, könnte das Rennen langfristig für sich entscheiden. Inwieweit dies auch den europäischen Markt betreffen wird bleibt abzuwarten. Schließlich werfen die Funktionen dieser Smart Glasses aktuell noch berechtigte Fragen nach Transparenz und Datenverarbeitung auf.





