Die Prävalenz von Kurzsichtigkeit (Myopie) nimmt weltweit deutlich zu, insbesondere die hohe Myopie stellt Betroffene und Fachleute vor besondere Herausforderungen. Optometristen spielen dabei eine zentrale Rolle. Doch wie sieht ein modernes Myopie-Management aus und welche Optionen stehen zur Verfügung?

Ab wann spricht man von starker Myopie?
Von einer hohen Myopie sprechen Fachleute ab etwa –6 Dioptrien. Bei diesen Werten ist das Auge so stark kurzsichtig, dass Betroffene Objekte in der Ferne nur noch sehr unscharf wahrnehmen können. Die Ursache liegt meist darin, dass der Augapfel im Verhältnis zur Brechkraft des optischen Apparats zu lang ist (axiale Myopie) oder die Brechkraft von Hornhaut und Linse zu stark ausgeprägt ist (refraktive Myopie). Dadurch werden Lichtstrahlen, die ins Auge fallen, nicht direkt auf der Netzhaut, sondern bereits davor gebündelt und das Bild erscheint verschwommen. Mit zunehmender Myopie steigt nicht nur die Sehbeeinträchtigung, sondern auch das Risiko für verschiedene Folgeerkrankungen wie Netzhautschäden oder grünen Star deutlich an.
Die Rolle des Optometristen: Früherkennung und individuelle Beratung
Optometristen sind oft die ersten Ansprechpartner, wenn es um die Feststellung und das Management einer hohen Kurzsichtigkeit geht. Sie führen präzise Messungen durch, beurteilen die Entwicklung der Myopie und beraten zu modernen Korrektions- und Präventionsmöglichkeiten. Ein wichtiger Aspekt ist die regelmäßige Kontrolle, um das Fortschreiten der Myopie frühzeitig zu erkennen und zu bremsen.
Moderne Möglichkeiten im Myopie-Management
1. Spezielle Brillengläser und Kontaktlinsen
Für stark kurzsichtige Patienten gibt es heute individuell angepasste Brillengläser, die dünner und leichter sind als früher. Auch spezielle Kontaktlinsen – etwa formstabile oder multifokale Linsen – bieten eine komfortable und effektive Korrektur.
2. Orthokeratologie (Ortho-K)
Diese Methode nutzt spezielle Kontaktlinsen, die über Nacht getragen werden und die Hornhaut vorübergehend modellieren. Tagsüber kann der Patient dann ohne Sehhilfe klar sehen. Die Wirkung ist reversibel und setzt konsequentes Tragen voraus.
3. Lebensstil-Anpassungen
Optometristen empfehlen, besonders bei Kindern und Jugendlichen, mehr Zeit im Freien zu verbringen und die Naharbeit (z. B. an Bildschirmen) zu reduzieren. Studien zeigen, dass dies das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit verlangsamen kann.
4. Chirurgische Therapien
Bei sehr hoher Myopie können verschiedene refraktive Eingriffe in Erwägung gezogen werden, wenn eine Brille oder Kontaktlinsen nicht mehr ausreichend sind oder der Wunsch nach größerer Brillenunabhängigkeit besteht. Zu den wichtigsten Verfahren zählen die Implantation von künstlichen Linsen und der Austausch der körpereigenen Linse. Für die meisten Patienten bleibt dennoch die klassische Korrektur mit Brille oder Kontaktlinse die erste Wahl, da operative Eingriffe nicht frei von Risiken sind und in der Regel keine medizinische Notwendigkeit besteht. Die Kosten müssen oftmals selbst getragen werden, und nicht jeder Patient ist für eine Operation geeignet.
Prävention und Aufklärung: Ein zentraler Bestandteil der optometrischen Praxis
Ein professionelles Myopie-Management umfasst nicht nur die Korrektur der Fehlsichtigkeit, sondern auch die Aufklärung über Risiken und Präventionsmöglichkeiten. Optometristen beraten zu regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen, um Komplikationen wie Netzhautablösungen frühzeitig zu erkennen. Auch die Kommunikation mit Eltern und Patienten über den aktuellen Stand der Forschung und individuelle Risikofaktoren ist essenziell.
Ganzheitliche Betreuung bei starker Kurzsichtigkeit
Die hohe Kurzsichtigkeit erfordert eine ganzheitliche Betreuung. Optometristen sind durch ihre Fachkompetenz und moderne Diagnostik in der Lage, Patienten individuell zu beraten, das Fortschreiten der Myopie zu bremsen und bei Bedarf an spezialisierte Augenärzte zu überweisen. Mit gezielten Maßnahmen und regelmäßigen Kontrollen können Betroffene ihre Lebensqualität erhalten und das Risiko für Folgeerkrankungen minimieren.