Eine frische Brise tut nicht nur der Lunge gut – sie könnte auch den Augen von Kindern helfen. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie aus China, die im Fachjournal PNAS Nexus veröffentlicht wurde. Die Forschenden um Xi Chen von der Tianjin Medical University haben untersucht, wie sich Umweltfaktoren wie Luftverschmutzung auf das Sehvermögen von fast 30.000 Schulkindern aus Tianjin auswirken.

Myopie: Mehr als nur Gene und Bildschirmzeit
Kurzsichtigkeit (Myopie) gilt als komplexes Zusammenspiel von Genetik und Lebensstil. Bildschirmzeit, Lesen im Nahbereich und familiäre Veranlagung sind bekannte Risikofaktoren. Doch die Studie zeigt: Auch die Luft, die Kinder atmen, kann einen messbaren Einfluss haben.
Die Forschenden nutzten ein Machine-Learning-Modell, um die unkorrigierte Sehschärfe der Kinder zu analysieren. Dabei simulierten sie Szenarien, in denen alle Kinder der saubersten Luft – den 20 % mit der geringsten Schadstoffbelastung – ausgesetzt gewesen wären. Das Ergebnis: Weniger Luftverschmutzung war unabhängig von Genetik und Lebensstil mit besserem Sehvermögen verbunden.
Besonders betroffen: Grundschulkinder mit leichter Myopie
Die Effekte waren vor allem bei jüngeren Kindern ausgeprägt. Grundschulkinder zeigten die stärkste Verbesserung der Sehschärfe – im Modell 0,09 Einheiten – während ältere Kinder und stark kurzsichtige Kinder kaum profitierten. Auch die Reduktion von Stickstoffdioxid (NO₂) und Feinstaub (PM2,5) war unabhängig mit einer besseren Sehschärfe verknüpft.
Die Forschenden vermuten mehrere Mechanismen: Entzündungs- und Stressreaktionen im Auge, eine verminderte Lichtexposition im Freien sowie Veränderungen der extrazellulären Matrix könnten die Länge des Augapfels beeinflussen – ein entscheidender Faktor für die Entwicklung von Myopie.
„Unsere Ergebnisse deuten klar darauf hin, dass frühe Interventionen zur Reduktion der Exposition gegenüber Luftverschmutzung bei jüngeren Kindern den größten Unterschied machen würden“, schreiben die Autor:innen. Praktisch heißt das: Maßnahmen zur Luftreinhaltung, mehr Zeit im Freien und bewusste Gestaltung von Lern- und Spielräumen könnten das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit verlangsamen.



