Eine aktuelle Forschungsarbeit deutet darauf hin, dass Omega-3-Fettsäuren möglicherweise einen schützenden Einfluss auf die Entwicklung der Myopie (Kurzsichtigkeit) bei Kindern haben könnten. Weltweit steigt die Zahl kurzsichtiger Kinder seit Jahren an, und die Suche nach neuen Präventionsansätzen rückt immer stärker in den Fokus der augenoptischen Forschung. Besonders interessant ist dabei die Frage, ob eine Ernährung mit ausreichend Omega-3-Fettsäuren helfen kann, das Risiko für Kurzsichtigkeit zu senken.

Die Hongkonger Myopie-Studie mit über 1.000 Kindern im Test
Die Grundlage der aktuellen Berichterstattung ist diese klinische Studie: „Diätetische mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäuren als Schutzfaktor bei Kurzsichtigkeit: die Hong Kong Children Eye Study“, die zwischen 2024 und 2025 in Hongkong durchgeführt wurde und im August 2025 im British Journal of Ophthalmology veröffentlicht wurde. Im Rahmen dieser Untersuchung wurden sowohl die Ernährung als auch die augenoptischen Parameter, darunter die axiale Länge des Augapfels, bei über 1.000 chinesischen Kindern im Alter von sechs bis acht Jahren detailliert erfasst. Ein lang gestreckter Augapfel gilt als wichtigster anatomischer Risikofaktor für die Entwicklung von Kurzsichtigkeit. Die Analysen zeigten, dass Kinder mit einer omega-3-reichen Ernährung signifikant kürzere Augäpfel aufwiesen und seltener von Myopie betroffen waren. Der schützende Effekt zeigte sich nach Berücksichtigung weiterer Risikofaktoren wie Freizeitverhalten, familiärer Vorgeschichte und Body-Mass-Index weiterhin stabil.
Durchblutung und Sauerstoffversorgung: Physiologische Effekte von Omega-3
Die Studienautoren vermuten, dass Omega-3-Fettsäuren die Durchblutung der Aderhaut verbessern könnten, die das Auge mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Ein Sauerstoffmangel in der Sklera (Lederhaut des Auges) wird heute als kritischer Faktor für das Längenwachstum des Augapfels gesehen. So wurde bei Kindern mit niedriger Omega-3-Zufuhr nicht nur eine längere axiale Augenlänge gemessen, sondern auch ein stärker ausgeprägter Refraktionsfehler festgestellt – beides Indikatoren für das Fortschreiten einer Myopie. Interessant ist außerdem, dass ein hoher Konsum gesättigter Fettsäuren, etwa aus rotem Fleisch oder Fertigprodukten, mit einem erhöhten Myopierisiko verbunden war.
Grenzen der Myopie-Studie: Übertragbarkeit auf andere Bevölkerungen ist fraglich
Bei der Hongkonger Studie handelt es sich um eine Beobachtungsstudie, die zwar Zusammenhänge aufzeigt, aber keine Kausalität beweisen kann. Die erhobenen Ernährungsdaten basieren auf Fragebögen, wodurch Erinnerungsfehler und subjektive Verzerrungen nicht auszuschließen sind. Außerdem ist nicht abschließend geklärt, ob die Ergebnisse auf andere Bevölkerungen und Kulturkreise übertragbar sind, da die Myopieprävalenz in Hongkong besonders hoch liegt.
Omega-3 als potenzieller Ansatz zur Myopieprävention
Die jetzt veröffentlichte Studie liefert erstmals am Menschen Hinweise, dass eine omega-3-reiche Ernährung einen protektiven Effekt auf die Myopieentwicklung haben könnte. Die Erkenntnisse werden international diskutiert und bestätigen die Forderung nach weiteren klinischen Studien, die Ernährung, genetische und Umweltfaktoren gezielt miteinander vergleichen sollen.
Für den augenoptischen Alltag bleibt festzuhalten: Neben bekannten Einflussfaktoren wie Bildschirmzeit und Außenaktivitäten könnte auch die alltägliche Ernährung eine Rolle für die Augengesundheit der jüngsten Patienten spielen.
Die Erkenntnisse aus Hongkong beleben die Diskussion um ernährungsbedingte Prävention von Kurzsichtigkeit neu und liefern einen weiteren Ansatzpunkt für wissenschaftliche und praktische Maßnahmen, um der weltweit zunehmenden Myopie begegnen zu können.