20. September // Tag des Handwerks – und die Botschaft könnte kaum aktueller sein: „Handwerk tut gut“. Das Wohlbefinden der Beschäftigten rückt in den Mittelpunkt einer Branche, die mehr als 5,5 Millionen Menschen in Deutschland beschäftigt. Laut einer neuen Studie bewerten 84,9 Prozent der Handwerkerinnen und Handwerker ihre Gesundheit als gut oder sehr gut. Zum Vergleich: In der Gesamtbevölkerung liegt dieser Wert bei nur 69,9 Prozent. Für ZDH-Präsident Jörg Dittrich ein starkes Signal: Handwerk tue nicht nur der Gesellschaft gut, sondern auch jedem Einzelnen, der in einem Handwerksberuf arbeitet.

Über eine Million Betriebe – und mittendrin die Augenoptik
Von Bäckerei bis Bau – über eine Million Betriebe mit knapp 5,6 Millionen Beschäftigten machen die Vielfalt des Handwerks sichtbar. Doch gerade die Gesundheitshandwerke zeigen, wie stark sich Wohlbefinden und Arbeitsrealität verbinden. Rund 11.000 Augenoptik-Betriebe mit fast 48.000 Beschäftigten versorgen Millionen Menschen mit Brillen, Kontaktlinsen und optometrischen Leistungen.
Auch die Hörakustik gehört in diesen Kontext: Mit 7.300 Fachgeschäften und knapp 19.600 Beschäftigten ist sie ein hochspezialisiertes Handwerk, das vielen Menschen Teilhabe zurückgibt. Beide Branchen hängen bekanntermaßen eng zusammen – nicht zuletzt, weil es zahlreiche Mischbetriebe gibt, die Hörakustik und Optik unter einem Dach anbieten.
Anspruch und Wirklichkeit beim Wohlbefinden
So sehr das Motto „Handwerk tut gut“ den Nagel auf den Kopf trifft: In der Praxis zeigt sich, dass Wohlbefinden nicht nur vom Stolz auf die eigene Arbeit abhängt. Fachkräftemangel und überbordende Bürokratie setzen auch Optikern zu. In einer aktuellen Umfrage gaben 41 Prozent der Betriebe an, in den vergangenen sechs Monaten Fachpersonal gesucht zu haben. Nur ein Drittel konnte die Stellen wie gewünscht besetzen – alle anderen mussten Kompromisse eingehen oder blieben auf offenen Vakanzen sitzen.
Der Branchenreport der Gesundheitshandwerke 2025, der im April vorgestellt wurde, macht außerdem deutlich: Abseits des Fachkräftemangels kämpfen viele Augenoptikbetriebe vor allem mit wachsender Bürokratie und unverhältnismäßigen Kosten. Aufwendige Präqualifizierungen, komplexe Abrechnungsverfahren und hohe Hürden in der Zusammenarbeit mit gesetzlichen Krankenkassen binden Ressourcen, die in der Versorgung der Kunden fehlen. Gerade im ländlichen Raum droht dadurch mittelfristig eine Unterversorgung gesetzlich Versicherter, sollte es nicht zu einer Entlastung durch vereinfachte Verfahren oder ein Umdenken hin zum Festzuschussprinzip kommen.
Gleichzeitig verschiebt sich der Fokus der Branche: Während Brillen und Kontaktlinsen das Kerngeschäft bleiben, gewinnen optometrische Dienstleistungen zunehmend an Bedeutung. Angebote wie Augeninnendruckmessungen oder Gesichtsfeldprüfungen könnten – unterstützt durch Künstliche Intelligenz und interprofessionelle Zusammenarbeit – nicht nur zur Früherkennung beitragen, sondern auch die Attraktivität des Berufs steigern. Eine Aufnahme solcher Screenings als Kassenleistung wäre ein wichtiger Schritt, um Versorgungslücken zu schließen, die Sozialversicherung zu entlasten und den Beruf für gut ausgebildete Fachkräfte sowie Hochschulabsolventen langfristig interessanter zu machen.
Blick zur Hörakustik
Ein ähnliches Bild zeigt sich in der Hörakustik. Neben dem Fachkräftemangel gilt die Bürokratie durch gesetzliche Krankenkassen als größter Hemmschuh. Verpflichtende Betriebsbegehungen alle 20 Monate oder die detaillierte Abrechnungspraxis werden vielfach als praxisfern empfunden. Statt Versorgungsqualität zu fördern, binden sie Ressourcen.
Der Tag des Handwerks als Realitätstest
Der Tag des Handwerks 2025 macht sichtbar, wie positiv Handwerk auf Gesundheit und Wohlbefinden wirkt. Für die Optikbranche ist das ein starkes Signal, gleichzeitig aber auch ein Auftrag: Fachkräfte sichern, Ausbildungswege attraktiver machen und bürokratische Hürden abbauen. Wohlbefinden ist kein Selbstläufer – es entsteht nur, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.