Eine aktuelle experimentelle Studie hat untersucht, wie sich chronische Zigarettenrauchexposition auf die Meibomschen Drüsen bei Mäusen auswirkt. Die Ergebnisse geben Aufschluss über mögliche pathophysiologische Mechanismen, die auch beim Menschen relevant sein könnten – insbesondere im Kontext des Trockenen Auges und der Meibomdrüsendysfunktion (MGD).

Die Meibom-Drüsen – auch Tarsaldrüsen genannt – sind spezialisierte Talgdrüsen, die sich am inneren Rand der Augenlider befinden, eingebettet in die sogenannte Lidplatte (Tarsus). Jede Lidkante enthält etwa 20 bis 30 dieser Drüsen. Ihre Hauptfunktion besteht darin, ein öliges Sekret (Meibum) zu produzieren, das sich beim Lidschlag gleichmäßig über den Tränenfilm verteilt. Dieses Lipidsekret bildet die äußerste Schicht des Tränenfilms und verhindert dessen zu schnelle Verdunstung. Eine intakte Meibom-Drüsen-Funktion ist daher essenziell für die Stabilität des Tränenfilms und das Wohlbefinden der Augenoberfläche.
Für die Untersuchung der Studie zur Auswirkung von Zigarettenrauch wurden insgesamt 48 weibliche Mäuse der Linie C57BL/6 über Zeiträume von 12 und 24 Wochen entweder Zigarettenrauch ausgesetzt oder einer kontrollierten, rauchfreien Umgebung gehalten. Die Rauchexposition umfasste täglich drei Stunden mit zwei Zigaretten pro Stunde, an sechs Tagen pro Woche. Nach Abschluss der jeweiligen Expositionszeit erfolgte eine histologische Analyse der Meibomschen Drüsen, ergänzt durch immunhistochemische Markeruntersuchungen (darunter IL-6, CD45, MMP-3, Ki67, P63) sowie TUNEL-Färbungen zur Apoptosedetektion.
Frühe molekulare Veränderungen der Meibom-Drüsen bereits nach 12 Wochen
Nach 12 Wochen Exposition zeigten sich erste strukturelle und molekulare Veränderungen in den Meibomschen Drüsen. Insbesondere die Expression entzündungsbezogener Marker wie Interleukin 6 (IL-6) und Matrixmetalloproteinase 3 (MMP-3) war erhöht. Gleichzeitig wurde eine Abnahme der Proliferationsmarker Ki67 und P63 beobachtet, was auf eine reduzierte Zellneubildung in den Drüsen hindeutet.
Im weiteren Verlauf – nach 24 Wochen Exposition – kamen zusätzlich vermehrte apoptotische Zellen sowie morphologische Veränderungen der Drüsenstrukturen hinzu. Teilweise kam es zu Verstopfungen der Ausführungsgänge. Diese Beobachtungen deuten auf eine funktionelle Beeinträchtigung der Drüsen hin, die in Zusammenhang mit evaporativer Tränenfilminstabilität stehen könnte.
Bedeutung für das Verständnis von Meibomdrüsendysfunktion und Trockenen Augen & Einordnung in die bisherige Forschungslage
Die Ergebnisse unterstützen die Hypothese, dass Umweltfaktoren wie Tabakrauch eine direkte Rolle bei der Entstehung einer Meibomdrüsendysfunktion spielen können. Die nachgewiesenen Entzündungsprozesse, die Hemmung der Zellproliferation sowie die erhöhte Apoptoserate zeigen potenzielle Mechanismen auf, durch die langfristiger Zigarettenkonsum zur Dysfunktion der Liddrüsen und damit zur Entwicklung eines Trockenen Auges beitragen kann.
Bisherige klinische Studien hatten bereits auf Zusammenhänge zwischen Zigarettenkonsum und Veränderungen an den Lidrändern, der Qualität des Meibums sowie strukturellen Drüsenveränderungen hingewiesen. Subjektive Beschwerden – etwa erhöhter OSDI-Score – wurden jedoch nicht immer signifikant beeinflusst. Die nun vorliegende Tierstudie liefert wichtige ergänzende Informationen auf molekularer und zellulärer Ebene.
Relevanz für augenoptische und ophthalmologische Fachkreise
Für Fachkräfte in Augenoptik und Ophthalmologie unterstreichen die Ergebnisse die Bedeutung von Rauchexposition als Risikofaktor für okuläre Oberflächenstörungen. Sie bieten zudem eine fundierte Grundlage für Beratungsgespräche mit betroffenen Patienten. Auch für die Entwicklung präventiver Strategien und therapeutischer Ansätze – etwa im Rahmen von Lifestyle-Beratung oder MGD-Therapie – sind die Erkenntnisse von Interesse.
Da es sich bei der vorliegenden Untersuchung um ein Tiermodell handelt, ist die klinische Übertragbarkeit noch zu prüfen. Weitere Studien am Menschen – etwa durch vergleichende histologische Analysen oder bildgebende Verfahren wie Meibographie – könnten Aufschluss darüber geben, inwieweit sich die experimentellen Ergebnisse in der Praxis widerspiegeln. Ebenso bleibt offen, ob und in welchem Maß sich Schäden durch Rauchverzicht oder therapeutische Interventionen rückgängig machen lassen.
Die Studie liefert neue Hinweise darauf, wie sich chronische Zigarettenrauchexposition negativ auf die Struktur und Funktion der Meibomschen Drüsen auswirken kann. Diese Erkenntnisse tragen zum besseren Verständnis der MGD-Pathophysiologie bei und eröffnen Perspektiven für präventive und therapeutische Maßnahmen im Umgang mit dem Trockenen Auge.
Yuting Jiang et al. (2025), “An in vivo study of cigarette smoke induced meibomian gland deterioration in a murine model”